Donnerstag, 20. Dezember 2007

Impressionen aus einem einsamen Krankenhaus

Svensen ist wieder auf dem Kiez. Hier seine Erfahrungen:

Da schlurfe ich nun durch den leeren gefliesten Flur mit meinen Hauschlappen, meiner lockeren Hose und meinem T-Shirt. Meine Haare sind zerzaust, mein Gesicht ist aufgedunsen, einige Schrammen zieren Nase und Oberlippe. An meinem Kinn ein Pflaster, darüber noch eine Schramme. Um meinen Hals hängt eine Schere, befestigt an einem guten Meter Verbandsband. Dieses ebenso wertlose wie notwendige Utensil könnte mir das Leben retten. Hätte ich es nicht, könnte mir der gute alte Rockstartod wiederfahren: An dem eigenen Erbrochenen ersticken. Durch die Schere kann jemand mein Erbrochenes durch das Durchschneiden der Drähte in meinem Mund in die Freiheit entlassen. Doch nun genug von meinem Erbrochenen. Zurück zu meinem eigentlichen Thema: Das Landeshospital mitten in Paderborn. Ziemlich nah an der Innenstadt liegt das Krankenhaus. Obwohl ich nun eine gute Woche dort verbracht hab, weiß ich immer noch nicht wirklich wie die Architektur des Hauses ist. Schon vorher bin ich oft an dem Krankenhaus vorbeigelaufen, aber es schien so belanglos und unnütz, dass es niemals einen meiner Blicke auf sich lenken konnte. Nur den Eingangsbereich konnte ich mir merken. Dort auf einem kleinen Parkplatz ist ein großer Eingang, wie ein Wintergarten, der für Krankenwagen befahrbar ist. In diesem „Windergarten“ ist eine Schiebetür. Man betritt das Krankenhaus und kommt an einem Fensterchen vorbei hinter der eine Frau sitzt. Geradeaus leere Flure. Auf der Hälfte des Flures geht eine Treppe in die oberen Stockwerke. Geht man weiter geradeaus und um eine Ecke kommt der Aufzug zum Vorschein. Daneben das Raucherzimmer. Bewohnt wird es von 3 alten Männern , die nichts tun als Rauchen. Öffnet man die Tür, wird einem dieses regelrecht vor Augen geführt. Man sieht seine eigene Hand vor lauter Rauch kaum in der kleinen Kammer mit den paar Stühlen.

Mein Zimmer liegt vorerst in der ersten Etage. Zwei Betten stehen in dem Zimmer, aber nur eins wird durch mich belegt. Die 3 Bettlampen und Notrufknöpfe weise daraufhin, dass dieses eigentlich ein Dreibettzimmer ist. An der Wand hängt ein Jesus am Kreuz. Vor meinem Bett steht ein Tisch mit einigen Stühlen und einem großen Sessel. Gegenüber an der Wand drei kleine Schränke. Über eine eigene Toilette verfügt das Zimmer nicht. Aber ein Waschbecken mit Spiegel ist vorhanden. Um diese kleine Waschecke ist es möglich einen Vorhang zuzuziehen. Überall sind Klebepunkte in drei Farben angebracht, die den Patienten zeigen sollen, wo jeder seine Sachen hinzustellen hat. An der Wand über der Tür hängt ein weißer alter Fernseher. Man hat als Patient die Wahl aus 15 Programmen. Programm Nummer 13 ist eine Direktübertragung in die Kapelle des Krankenhauses. Programm 14 ist nichts als ein schwarzer Bildschirm. Programm 15 ein britischer Sender. Weiterhin gibt es RTL, Pro7 und Sat.1. Die restlichen sind öffentlich-rechtliche Sender. In der der Tür gegenüberliegenden Wand ist ein Fenster eingelassen. Die Holzrahmen sind nicht besonders dicht und auch wenn das Fenster zu ist merkt man nachts im Schlaf Luftzüge durch die Fenster.

Das Krankenhaus ist ruhig. Man hört nichts. Kein mucks auf den Gängen. Ich habe nur ein oder zweimal andere Patienten gesehen. Die Ruhe wird lediglich gestört, wenn Schwestern das Zimmer betreten, um Infusionen zu setzen, Essen zu bringen oder Blutdruck zu messen.

Mein zweites Zimmer, dann, übers Wochenende ist ein Zimmer in der zweiten Etage. Die Station in der ersten Etage wird über das Wochenende aufgrund von Unterbelegung geschlossen. Das Zimmer ist ähnlich dem andern. Nur befindet sich nur mein Bett in dem Zimmer und kein anderes. Auch hier: Ruhe. Wenn man, um die Toilette zu benutzen das Zimmer verlässt du zum Ende des Flures geht, so ist man stets alleine in dem Flur. Manchmal kommt einem eine Nonne entgegen. Wie gesagt: Manchmal. Auf der linken Seite des Flures sind Arbeitszimmer der Schwestern, sowie Küchen, und die sanitären Räume. Auf der rechten Seite sind die Patientenzimmer. Am Ende des Flures geht es in einen großen Raum. Ein Aufenthaltsraum mit einem Fernseher und mehreren Tischen und Stühlen. Über jeder Patientenzimmertür ist eine Lampe. Drückt man auf den Schwesternrufknopf, fängt sie an rot zu leuchten und in der verglasten Zentrale der Schwestern der Station dröhnt immer wieder ein...hmm...ja...dröhnendes Geräusch. Schaut man weiter an der Decke im Flur hoch, sieht man Lautsprecher, die noch aus den 50er Jahren zu sein scheinen. Auf Papier gedruckte Gemälde schmücken die Flure und Zimmer.

Das Krankenhaus ist durch und durch ruhig. Nicht wie in dem Krankenhaus, in dem ich vorher war, wo nichts als Hektik herrschte. Also hab ich an der Ruhe auch nichts auszusetzen. Ich mag das Krankenhaus gerade deshalb. Keine lästigen Zimmergenossen, die nicht dasselbe Fernsehprogramm bekommen, oder manchmal Besuch bekommen. Wenn man selbst Besuch bekommt, kann man sagen was man will. Ich bin schon ganz froh auf dieses einsame Krankenhaus geliefert worden zu sein. Sogar das Essen war ganz gut, auch wenn dies nur aus Suppe und Brei bestand. Aber nungut. Ich möchte zum Schluss kommen und Euch werten Lesern folgenden Rat geben: Immer Helm und Mundschutz tragen, wenn ihr euch um mehr als 15° nach vorne beugt. Oder einfach nicht auf die Straße klatschen, sondern lieber in ein Beet oder Ähnliches.

Ich werde mich nun zu Bette legen und morgen endlich einmal wieder ausschlafen (Im Krankenhaus gab es pünktlich um 7Uhr Frühstück). Danke an all Eure Gute Besserungswünsche und für den Besuch. Ich bin höchst dankbar mit solchen Menschen wie Euch mein Leben verbringen zu dürfen. Ich nehme es auch niemandem übel, wenn er mit zusammengebissenen Zähnen zu mir spricht, mir ein Schnitzel vorisst, oder irgendwelche Anspielungen auf Kieferbrüche macht ;-) Ich wäre wahrscheinlich nämlich nicht anders. Oder? Hm, na ja ich möchte mich jetzt nicht mit mir über diese Frage streiten.

Gute Nacht

Euer Svensen